Impulse

Auf dieser Seite werden Impulse rund um den MBK geteilt.

Diese Impulse sind Gedankenanstöße von MBKler*innen, die im Rahmen einer Freizeit, des Newsletters, Freundesbriefes, etc formuliert wurden.

Manche Impulse sind in Textform zum Nachlesen. Unten auf dieser Seite gibt es einzelne Impulse auch zum Anhören.

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Viel Freude beim Lesen!

Texte

Der Sämann (Lukas 8, 4-15)

von Matthias Altevogt, aus Lippe aktuell

Andacht am Küchentisch

Es ging ein Sämann aus zu säen (Lukas 8,4-15)

Das neue Jahr ist schon ein paar Wochen alt. Sind Sie mit Schwung unterwegs oder ackern Sie sich mühsam voran? Was ist mit den guten Vorsätzen, sind Sie noch dran oder schon gescheitert? Ich nehme ein Blatt Papier und teile es mit einem senkrechten und einem waagerechten Strich in vier Teile. Das ist das Feld meines Lebens. 

Der Teil links oben bekommt die Überschrift: „Feste Erde“. Hier trage ich Dinge ein, die mir nicht gelingen. Egal was ich versuche, nichts geht an, nichts gedeiht. Über das Feld rechts oben schreibe ich: „Steinig“. Hier geht die Saat schnell auf. Aber der Boden ist steinig und hält kein Wasser. Alles verwelkt. Frisch begonnen – aber der lange Atem fehlt. Hier gehören die guten Vorsätze hin von Neujahr. Was war das noch gleich? Das Feld links unten heißt: „Dornen“. Dinge, die ich will und kann. Aber: Anderes schiebt sich in den Vordergrund. Dringendes verdrängt das Wichtige, das leise ist. Dornen überwuchern die Saat. „Muss nur noch kurz die Welt retten, danach flieg ich zu dir...“ singe ich mit Tim Bendzko. 

Gott sei Dank, es gibt auch das Feld links unten: „Gutes Land“. Hier schreib ich alles auf, was gut läuft, wo ich zufrieden bin. Hier lohnt sich die Mühe, von diesem Feld lebe ich. Aber auch hier wachsen die Bäume nicht in den Himmel: Manches ist richtig toll, bringt hundertfach Frucht! Manches nur 60 oder 30fach – bescheiden. 

Jesus schildert einen Sämann, dem es so geht (Lukas 8, 4-15). Er tadelt ihn nicht – so ist es eben. Der Sämann sieht nicht, wie der Boden in der Tiefe beschaffen ist und weiß nicht, wie jedes Körnchen fällt. Jesus meint damit sich selbst. Viele Menschen strömen zu ihm und wollen ihn hören. Aber die Saat wird sehr verschieden aufgehen. So ist das. 

Du und ich, wir säen auf dem Acker unseres Lebens. Der Ertrag ist sehr verschieden. Wir sind nicht Jesus und nicht Superfrau. Nur Gärtner:in unseres Lebens. „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“, sagt Gott schon zu Adam und Eva. So ist das. Aber darin liegt Segen. Gott lässt es wachsen, für heute genug. Und der morgige Tag wird für das seine sorgen.

Begabt

von Lisa-Marie Neelen

Ich würde euch gerne ein Teil eines Dialogs aus dem Film Begabt- die Gleichung eines Lebens vorlesen. Vielleicht kennt der ein oder andere von euch ja den Film. Diese Unterhaltung fand zwischen der siebenjährigen Mary und ihrem Onkel Frank statt.
Das Mädchen ist hochbegabt und lebt seit dem Suizid ihrer Mutter bei ihrem Onkel, sie kennt ihren leiblichen Vater nicht und auch die Großmutter zeigt zunächst kein Interesse an dem Leben ihrer Enkelin. Erst als ihre Begabung zum Vorschein kommt wird ihre Oma auf sie (und den möglichen Profit) aufmerksam und möchte das Sorgerecht für sie. So entstand schnell ein Sorgerechtsstreit, da ihr Onkel nie offiziell das Personensorgerecht für sie zugeteilt bekommen hat.

Mary: Gibt es einen Gott?
Frank: Ich weiß es nicht.
Mary: Sag es mir einfach.
Frank: Ich würde, wenn ich könnte. Aber ich weiß es nicht. Sonst auch niemand.
Mary: Roberta weiß es.
Frank: Nein. Roberta hat Vertrauen ... Und das ist das beste was man haben kann. Aber im Glauben geht es darum, was du denkst, was du fühlst. Nicht was du weißt.
Mary: Was ist mit Jesus?
Frank: Ich liebe diesen Kerl. Tu was er sagt.
Mary: Aber ist er Gott?
Frank: Ich weiß es nicht. Ich habe eine Meinung, aber das ist meine Meinung und ich könnte mich irren. Warum sollte ich deine beeinflussen? Benutze deinen Kopf. Aber hab auch keine Angst, an Dinge zu glauben.

Als ich den Film geguckt habe muss ich ehrlich gestehen, lief er eher so nebenher und ich habe ihn nicht mit voller Aufmerksamkeit geguckt. Ab und an sind mir auch mal die Augen zugefallen und ich habe für einen kurzen Moment der Handlung nicht mehr folgen können.

Mir fehlten also ein paar Informationen worüber die beiden eigentlich genau grade am sprechen waren aber eigentlich brauchte ich die auch gar nicht. Ich finde dieses Gespräch kann man auf so gut wie alle Situationen im Leben beziehen. Sie wirft Fragen auf die oft präsent sind: gibt es einen Gott und wie sieht er eigentlich aus? Warum sollen wir unser Tun und Handeln danach richten was vielleicht vor Tausenden von Jahren jemand gesagt hat? Worum geht es im Glauben eigentlich wirklich und warum gibt mir eigentlich niemand eine klare Antwort auf all die Dinge? Besonders ist mir aber die letzte Aussage im Kopf hängen geblieben. „Benutz deinen Kopf. Aber hab auch keine Angst an Dinge zu glauben“ Ich würde seine Aussage gerne noch um die genannte Eigenschaft von Roberta erweitern. „Benutz dein Kopf. Aber hab auch keine Angst an die Dinge zu glauben und zu Vertrauen.“

Ich glaube wir sind zu sehr immer auf das Perfekte aus und das alles bis ins kleinste Detail durchdacht sein muss. Jedes Für und Wider wird genau abgewogen.  Mir selber geht es oft so man nimmt sich was vor, man hat eine Aufgabe, man plant etwas bestimmtes. Man will, dass es perfekt wird, dass die anderen mit einem zufrieden sind und man gut dar steht. Das ist an sich ja auch was ganz Natürliches und primär auch erstmal nichts Schlechtes. Wenn wir aber nur mit unserem Kopf an diese Dinge ran gehen, kann uns das auch schnell überfordern und wir werden unsicher. Zweifeln an uns und unseren Fähigkeiten. Und genau hier kommt der zweite Teil ins Spiel. Es ist schön und gut alles genau zu durchdenken und ein Plan zu haben, nur was bringt der beste Plan, wenn wir hinterher zweifeln oder etwas unvorhergesehen geschieht? Ich glaube in vielen Situationen müssten wir uns gar nicht so viele Gedanken mache und alles genau „zerdenken“, sondern einfach mal glauben, dass es schon klappt, darauf vertrauen, dass wir unser Bestes gegeben haben und dass das Gut so ist. Es muss nicht immer alles Sinn ergeben oder hundertprozentig zusammenpassen. Das gilt nicht nur in unserem Alltag, sondern auch für die nächste Urlaubsplanung oder den durchgeplanten Umzug. Es gilt genauso auch für unseren Glauben, der nicht in jedem Detail durchdacht sein muss, sondern der bruchstückhaft sein darf und nicht in allen Teilen zusammenpassen muss und wo einfach Raum für das Vertrauen auf Gott gelassen wird. Er kennt uns und hat ein Plan für uns, steht uns bei, wenn wir mal nicht weiterwissen. Also traut euch, vertraut auf euch und euer können ganz nach dem Motto. Benutz dein Kopf. Aber habe auch keine Angst an die Dinge zu glauben und zu Vertrauen.

Rücksicht (Genesis 13,8f)

von Katja Demma'Indo, aus einer Donnerstags-Andacht am 11.02.2021

Ich weiß nicht, wie ihr das gelernt habt oder wie ihr es euren Kindern beibringt, wenn ihr welche habt, aber ich dränge sehr darauf, dass meine Kinder zur Seite gehen, wenn wir auf dem Bürgersteig gehen und uns jemand entgegenkommt. Bei meinen Kindern ist mir aufgefallen, dass sie selber nicht auf die Idee kommen, das zu tun. Sie latschen einfach weiter und achten wenig auf die Person, die ihnen entgegen kommt bis diese dann zur Seite springen muss. Offensichtlich ist das etwas, das erstmal gelernt werden muss. Darum achte ich darauf, dass meine Kinder aufmerksam werden und Rücksicht nehmen.

Ich kann es nicht gut haben, wenn mir z.B. zwei oder drei Personen entgegenkommen und keiner von denen geht auch nur einen Schritt zur Seite. Ich habe mich gefragt, warum mich das so aufregt und mich auch manchmal aggressiv macht, so dass ich meinerseits keinen Zentimeter zur Seite weiche und wir uns dann gegenseitig anrempeln. Das ist ja gerade in diesen Zeiten eher ungünstig. Mich regt das auf, weil ich es rücksichtslos finde.

Rücksicht. Was versteht ihr darunter?

Rücksicht ist ja erstmal ein komisches Wort. Beim Nachdenken über dieses Wort kam mir der Gedanke, was denn das Gegenteil von Rücksicht ist.

Was meint ihr?

Mir kam der Gedanke, dass das Gegenteil von der Rücksicht die Vorsicht ist. Bei der Vorsicht geht es ja darum, auf sich zu achten, dass einem nichts passiert. Nach vorne zu schauen, was da ist, was bedrohlich sein könnte, aufzupassen, dass man sicher über die Straße kommt, dass einem keiner was tut, für die eigene Sicherheit sorgen, dass man nicht zu Schaden kommt. Die Rücksicht kann da eher schädlich sein. Wenn ich nach hinten schaue, merke ich nicht, was da vorne vor sich geht. Dann kann ich auf die Nase fallen oder in die Grube. Da kann es sein, dass mir etwas entgeht und ich dann dumm aus der Wäsche gucke. Da bekomme ich nicht mit, ob mir einer eine Falle stellt, sich über mich lustig macht oder es nicht gut mit mir meint. Wie das Sprichwort sagt: Rücksicht kommt vor dem Fall. Oder ging das anders?

Rücksicht nehmen, das scheint mir nicht sehr populär. Eher naiv, wenn nicht sogar dumm. Wenn ich Rücksicht nehme stehe ich am Ende dumm da, komme zu kurz, habe das Nachsehen, werde möglicherweise belächelt und nicht Ernst genommen.

Man könnte meinen, so sei es auch Abram ergangen, als er mit seinen Leuten durch die Gegend zog. Sie waren damals Nomaden, zogen von einem Ort zum anderen, ließen sich nieder, machten sich aber auch wieder auf den Weg. Abram hatte es schon weit gebracht, eine recht große Familie, ein ansehnliches Vermögen, eine stattliche Anzahl von Vieh. Er hatte auch einen Neffen, Lot. Dem ging es auch nicht schlecht. Eines Tages erreichten sie das Jordanland (Karte zeigen). Nun lagern sie alle in der Gegen von Bethel und Ai .Mann und Frau, Ziegen, Schafe, Rinder, Zelte, Männer, Frauen, Kinder und allerlei andere Lebewesen. Nebenbei bemerkt gibt es auch noch andere Völker, die in der Gegend leben. Es sind sehr viele und es wird eng auf den Wegen. Da ist es nicht so leicht, aneinander vorbei zu kommen, ohne sich anzurempeln. Das geschieht dann aber unter den Hirten von Abram und Lot. Die kommen sich in die Haare, weil keiner Rücksicht nehmen will, keiner zur Seite geht. Da werden sie aggressiv.

Da sagte Abram zu Lot: „Zwischen mir und dir, zwischen meinen und deinen Hirten soll es keinen Streit geben; wir sind doch Brüder. Liegt nicht das ganze Land vor dir. Trenn dich also von mir. Wenn du nach links willst, gehe ich nach rechts; wenn du nach rechts willst, gehe ich nach links.“ (Genesis 13, 8 f.) Und Lot ist nicht ganz unbescheiden und wählt die ganze reich bewässerte Jordangegend und er zieht mit seinem Gefolge los in die grüne, reiche Gegend. Abram lässt sich in Kanaan nieder, das Land, das Gott ihm geben wird und all seinen Nachkommen und das werden reichlich viele bis heute. Gott macht seinen Bund mit Abram, geht mit ihm durch dick und dünn, macht sein Leben aufregend und reich und vor allem: sinnvoll!

Die Rücksicht hat dem Abram  nicht geschadet. Ganz im Gegenteil.  Was gehört dazu? Vertrauen! Wirklich tiefes Vertrauen, dass mir alles zu Guten gereichen wird, auch, wenn es zunächst nicht so scheint. Die Überzeugung, dass es besser ist, Rücksicht zu nehmen, als immer nur vorsichtig zu sein. Das Wissen, dass Gott mir ausreichend Platz einräumen wird und ich zu meinem Recht komme.

Wie kann ich das verinnerlichen?

Vielleicht hilft eine Körperübung. Wenn ich vorsichtig bin, schaue ich nach vorne. Scanne die Umgebung vor mir. Bin in Habachtstellung und bereit für etwaige Angriffe.

Wenn ich rücksichtig bin, schaue ich nach hinten. Und zwar  nicht zurück, hinter meinen Rücken, um wiederum zu schauen, ob mir da einer reinfallen will. Sondern in mich hinein. Nun drehen sich die Augen nicht nach innen, aber wenn ich sie schließe. Vielmehr schaue ich in mich  hinein, habe die Möglichkeit, innezuhalten, mich abzuschotten von den Irritationen und Ablenkungen von außen. Ich kann achtsam sein,  mich, Situationen, andere in Ruhe betrachten und neu einschätzen, einen anderen Blickwinkel einnehmen, darüber nachdenken, worauf es mir ankommt und was mir wichtig ist. Wenn ich dabei dann noch ein paar Mal tief ein und ausatme, die Augen in alle Richtungen rolle, kann mein Gehirn mir helfen, eine andere, eine neue Haltung einzunehmen. So bekommt das Augenrollen eine ganz neue Bedeutung. Ich suche buchstäblich nach anderen Möglickeiten.

Ich stelle mir vor, dass Abram immer wieder mit den Augen gerollt hat. Das hat ihn dabei unterstützt, Rücksicht zu nehmen, sich zu besinnen, zur Ruhe zu kommen, Gottes Sicht zu verstehen und zu vertrauen, dass Rücksicht ihm dienlicher ist als Vorsicht.

Amen.

 

Gebet:

Vater im Himmel, ich danke dir, dass du uns Augen zum Rollen geschenkt hast. Mit ihnen können wir neue Sichtweisen erlernen, uns öffnen, andere besser verstehen und lernen, Rücksicht zu nehmen. Schenke uns die Erfahrung, dass es uns gut geht und wir gesegnet sind, so dass wir unseren Weg mit Vertrauen gehen, anderen Platz machen, auch, wenn wir dann zunächst dumm dastehen. Mach uns stark im Achtsam sein. Amen.

Vom rechten Gottesdienst (Römer 12,1)

von Johannes Büker

Man könnte meinen, dass ich mich bei meinem Studium ev. Theologie) viel mit dem Thema Gottesdienst befasse. Tatsächlich kommt es aber gar nicht so häufig zur Sprache. Woran ich allerdings immer denken muss, wenn es thematisch um Gottesdient geht, ist eine Erfahrung aus meiner Praktikumsvorbereitug. Wir sollten dafür ein Bild malen, was für uns Gemeinde bedeutet. Künstlerisch begabt wie ich bin, schrieb ich ein Wortbild, mit dem Wort „Gottesdienst“ in der Mitte und allen Begriffen, die für mich zu Gemeinde gehören, darum angeordnet.

Unser Dozent sah sich das Bild später an und meinte: „Das ist mal eine gute, konservative Darstellung des protestantischen Gottesdienstbegriffes. Der Sonntägliche Gottesdienst um 10 Uhr steht im Mittelpunkt.“ Meiner Meinung nach, das beste Beispiel dafür, wie man Bilder fehlinterpretieren kann.

Aber mal zu euch. Was heißt Gottesdienst für euch konkret?

Römer 12,1
Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst.

Auch wenn es beim ersten Hören vielleicht so klingt, Paulus möchte hier nicht zurück zu den guten alten blutigen Menschenopfern, wenn er von der Hingabe unseres Leibes als Opfer spricht. Paulus spricht hier im Kontext über die Gemeinde (Versammlung der Christen) und darüber, was seiner Meinung nach, der richtige Gottesdienst ist. Um genauer zu sein, was die richtige Art und Weise der Gottesverehrung ist. Im Kontext spricht er eben nicht über den reinen kultischen 08/15 Sonntag-Morgen Gottesdienst, sondern über Engagement, unser Engagement in dieser Welt. Das Opfer ist damit nicht mehr der (Tempel) Kult mit seinen Schlachtungen und Rauchopfern, sondern unser Leben soll das „Opfer“ für Gott sein. Es kommt nicht darauf an, „passiv“ im Gottesdienst dabei zu sitzen und damit seine Pflicht als Christ zu erfüllen. Es geht darum, selber aktiv zu werden, mithilfe von Gottesbarmherzigkeit sich auf den Weg zu machen und zusammen mit Anderen an Gottes Reich zu bauen. Es geht Paulus hier meiner Meinung nach um den aktiven Gottes-Dienst, den Dienst an Gott für und mit dem Nächsten Menschen. Ich finde an dieser Stelle die englische Unterscheidung in Bezug auf den Gottesdienst eigentlich sehr schön. Zum einen wird gezielt von „worship“ – „Anbetung“ gesprochen (ich finde dieses Wort im Deutschen leider vorbelastet), zum anderen wird von „service“ – „Dienst“ gesprochen. Leider habe ich häufig das Gefühl, dass wenn die zentrale Stellung des Gottesdienstes in der Kirche betont wird (ohne jetzt eine im Speziellen zu meinen), leider nur der erste Part gemeint ist.

Es war einmal ein alter Mann. (Eigentlich muss jede (gute) Geschichte mit „es war einmal“ beginnen) Er lebte alleine. Seine Frau war bereits verstorben und die Kinder lebten weit weg. Der Mann lebte ein gutes Stück außerhalb eines kleinen Dorfes, aber das machte ihm nichts aus. Er genoss die Ruhe und konnte ein oder zwei Mal die Woche mit dem Bus aus dem Ort Einkaufen fahren. Jeden Sonntag ging der alte Mann aber in den Gottesdienst, das war ihm wichtig und so hielt er Kontakt mit Leuten, die ihm wichtig waren. Einen Sonntag hatte es aber so sehr gestürmt und geschneit, dass er kaum aus seinem Haus kam.
Er kämpfte sich durch den Schnee und machte sich auf den Weg zur Kirche. Es war nicht einfach und er kämpfte sich Schneewehe für Schneewehe voran. Als er schließlich vor der Kirchentür stand – fand er sie verschlossen vor. Das stimmte ihn traurig. Er hatte sich darauf gefreut, seine bekannten zu sehen und der Pfarrerin zu zu hören. Als er grade wieder umdrehen wollte, sah er den Küster, einen alten Schulkameraden, der grade dabei war, Schnee vor dem Gemeindehaus zu schippen. Da konnte er nicht anders und fragte ihn: „Warum ist denn die Kirche verschlossen? Fällt der Gottesdienst heute aus?“ Der Küster sieht ihn relativ erstaunt an und sagt: „Nur weil die Kirche zu hat, fällt doch nicht der Gottesdienst aus! Da im Schuppen steht noch eine zweite Schippe, magst du mir nicht helfen?“

Angst

von Katja Demma'Indo, aus einer Donnerstags-Andacht am 28.01.2021

Manche kennen ja vielleicht die Geschichte von mir und dem Tanz der Vampire. Ein Film von Roman Polanski aus dem Jahr 1967 mit der Alterfreigabe 12. Ich glaube, so alt war ich noch nicht, als ich mir den angeschaut habe. Da waren meine Eltern abends weg und ich hatte schon geplant, mir den mit meinen großen Brüdern anzuschauen. Das war kein guter Plan, denn danach habe ich jahrelang jeden Abend unter mein Bett geschaut, ob da ein Vampir ist und mit der Bettdecke bis unters Kinn geschlafen, damit mich keiner beißt. Und was soll ich sagen? Mich beißt noch nicht mal eine Mücke!

Völlig irreal, mögt ihr denken. Aber nein, diese Angst war sehr real. Manchmal wissen wir sehr genau, warum wir uns fürchten, manchmal scheint es uns dumm, aber das ändert leider auch nichts dran, manchmal ist es uns aber auch ein Rätsel, woher das kommt. Das liegt daran, dass Angst vererbt wird, weiter gegeben, übertragen, manchmal über viele Generationen hinweg, völlig unbewusst, aber leider sehr automatisch.

Vor einiger Zeit stand eins meiner Kinder abends bitter weinend vor mir. Ich war schon leicht genervt, denn es sollte längst schlafen und ich wollte endlich meine spannende Serie (ohne Vampire) anschauen. Bis ich mitkriegte, dass es in echter Not war. Sofort startete mein Kopfkino im Autopilot: Es ist ihm was Schlimmes passiert, es wurde gemobbt, geschlagen, was weiß ich. Die Angst eben… nach minutenlangem Schluchzen brachte es schließlich heraus: Es hatte fürchterliche Angst, dass einer kommt und ihn mit einem Messer sticht. Oder jemand anderen bei uns in der Familie. Hä??? War meine innerliche Reaktion. Wie kommst du denn darauf? Meine Frage. Die Antwort: Da ist ein Bild von einem Messer auf dem Buch, dass Papa gerade liest. Ohje. Da wäre ich ja im Traum nicht drauf gekommen. Auch wieder typisch Angst. Sie taucht unverhofft und aus sehr unterschiedlichen Gründen auf. Wer das mit der Angst kennt, weiß, dass keine Beteuerungen helfen: Das passiert nie im Leben. Wir passen alle auf. Bei uns bricht niemand ein. Es gibt manchmal  schon böse Menschen, aber nicht in Bad Salzuflen. Erstens ist das eine glatte Lüge und zweitens kann man mit solchen Argumenten nicht die Angst vertreiben. Hier hilft erstmal nur aushalten und trösten, nicht alleine lassen und Mut zusprechen. Mein Kind durfte dann bei uns im Bett schlafen, das hat geholfen. Ich habe ihm dann aber am nächsten Tag doch auch von mir erzählt und den Vampiren und dass ich irgendwann kapiert habe: Ich habe solche Angst gehabt, jahrelang. Und was hat es mir gebraucht? Nichts! Es ist nie etwas Derartiges passiert. Nie kam ein Vampir vorbei und hat mich in das ewige Reich der Blutsauger gebissen. Meine ganze Angst war für die Katz! Nichts hat es mir gebracht, außer ein paar zu stark ausgeprägter Neuronen in der Amygdala, also irgendwo links und rechts im Schläfenbereich. So ganz grob.

Aber wie schon erwähnt, die Angst ist schwer zu besiegen. Sie lähmt, lässt nicht mehr klar denken, nimmt einen in ihren Bann, wächst und gedeiht, je mehr wir ihr Raum geben und beherrscht irgendwann nicht mehr nur die kleine Amygdala hier links, sondern weitere Bereiche des Gehirns. Da ist es extrem schwer gegenzusteuern. Und manchmal ist das ja auch gut so, wenn es um Flucht oder Kampf geht. Aber alle wissen: Der Kampf gegen Vampire ist nur sehr schwer zu gewinnen. Und der gegen ausufernde Fantasien auch. Dennoch ist es möglich. Es braucht dafür ein bisschen Bewusstsein und positive Affirmationen, also gute Glaubenssätze.

Als ich mal wieder so  mit 16/17 in einer Phase der Ängste war, vielleicht ist das auch einfach entwicklungsbiologisch so, keine Ahnung, wusste ich mir nicht besser zu helfen, als meine Bibel in die Hand zu nehmen und das war das Beste, das mit passieren konnte. Das hat tatsächlich geholfen. Bibelverse sind noch viel besser als positive Glaubenssätze, die ich mir erstmal selber ausdenken muss, die möglicherweise doch nur ver-trösten oder meine eigene Hilflosigkeit angesichts der Ängste um mich herum ausdrücken. Die Psalmworte sind starke Worte, die von außen, von Gott, mit Kraft auf mich zukommen, die den Tunnelblick öffnen, der Panik Einhalt gebieten, die Angst in Schach halten.

Sicher kann das auch in diesen Zeiten helfen. Die Angst geht um und sie lähmt, macht müde und unglücklich, verdüstert den Blick und macht handlungsunfähig. Und leider schwächt sie auch das Immunsystem. Welcher Schatz sind da die Worte der Psalmbeter.

Die kann ich als meinen positiven Glaubenssatz nutzen, ohne meine Angst dabei zu verniedlichen oder gar zu verdrängen.

Das kann so gehen: Ich lege meine Hand auf mein Herz und sage mir laut, wenn ich alleine bin, oder leise, wenn andere dabei sind und mich nicht für verrückt erklären sollen:

Auch, wenn ich mir jetzt so einen Kopf über meine Zukunft mache…

Psalm 4, 9: Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein du, HERR, hilfst mir, dass ich sicher wohne.

Auch, wenn alle andere immer besser und schneller sind als ich und ich nicht hinterher komme…

Psalm 18, 3: HERR, mein Fels, meine Burg, mein Erretter; mein Gott, mein Hort, auf den ich traue, mein Schild und Horn meines Heils und mein Schutz!

Auch wenn ich gerade nicht weiß, wie es weitergehen soll und ich überhaupt keinen Plan für mein Leben habe…

Psalm bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.23, 4: Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du

Auch, wenn gerade alles Scheiße läuft und ich gar keine Lust auf irgendwas habe…

Psalm 27,1: Der HERR ist mein Licht und mein Heil; vor wem sollte ich mich fürchten? Der HERR ist meines Lebens Kraft; vor wem sollte mir grauen?

Psalm 34, 5: Als ich den Herrn um Hilfe bat, antwortete er mir und befreite mich von meinen Ängsten.

Ps 32,7 :Du bist mein Schirm, du wirst mich vor Angst behüten, dass ich errettet gar fröhlich rühmen kann.

Psalm 56, 4: Auf Gott, dessen Worte ich preise, auf Gott setze ich mein Vertrauen. Ich habe keine Angst. Was kann mir ein Mensch schon antun?

Psalm 91,1: Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, 2 der spricht zu dem HERRN: / Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf den ich hoffe.

Psalm 91,11: Er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest.

In der Angst rief ich den HERRN an, und der HERR erhörte mich und tröstete mich.

Psalm 94, 22 Aber der HERR ist mein Schutz, mein Gott ist der Hort meiner Zuversicht.

Psalm 118.5:In der Angst rief ich den Herrn an; und der Herr erhörte mich und tröstete mich.

Psalm 118,6: Der HERR ist mit mir, darum fürchte ich mich nicht; was können mir Menschen tun?

Psalm 121, 7: Der HERR behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. 8 Der HERR behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!

Psalm 138,7: Wenn ich mitten in der Angst wandle, so erquickst du mich und reckst deine Hand gegen den Zorn meiner Feinde und hilfst mir mit deiner Rechten.

Diese Worte aus dem Psalmen lesen und hören ist eine wirksame Waffe gegen die Angst. Besser noch ist, sie auswendig zu lernen und noch besser, sie dann auch zu verankern, damit sie uns zum Anker werden in angstbesetzen Situationen.

Das geht so: Wir lernen „unseren“ Vers auswendig und suchen uns einen Energiepunkt am Körper, den wir dann leicht drücken. So hilft uns nicht nur unser Bewusstsein, das im Gehirn sitzt, sondern auch unser Körper, der uns durch die Berührung ganz tief im Unbewussten daran erinnert: Hab keine Angst! Ich bin bei dir! Mein Stecken und Stab trösten dich.

Amen.

Gründonnerstag

von Johannes Büker

„Einsamkeit. Verlassen sein. Meine Freunde habe ich schon seit Tagen nicht mehr gesehen. Oder sind es mittlerweile schon Wochen? Ich trau mich ja kaum noch vor die Tür zu gehen. Was würden denn die Nachbarn denken, oder sogar sagen, wenn sie mich draußen rumlaufen sähen? Das will ich mir gar nicht vorstellen. Aber zum Glück gibt es ja Maria. Die bringt mir wenigstens ab und zu etwas Brot und Gemüse vorbei. Mit ihr kann ich dann wenigstens ein bisschen reden, ein bisschen soziale Kontakte pflegen.“

Auch wenn es sich im ersten Moment vielleicht so anhört, das ist kein Selbsterfahrungsbericht von mir aus den letzten zwei Wochen. Ich habe einfach in der Ostergeschichte etwas vorgegriffen. Was ich eben gesagt hab, könnten gut die Gedanken von Thomas sein, der in der Nach-Osterzeit in seiner Kammer in Jerusalem festsitzt.

Zugegeben, es sind schon leicht unterschiedliche Situationen: Wir sitzen in sozialer Isolation, weil wir es einsehen (meistens zumindest) und nicht weil wir Furcht vor Verfolgung, Unterdrückung und Gefängnis haben. Die Jünger und Jüngerinnen mussten damals zu recht fürchten, dass zumindest der Hohe Rat der Juden sie ordentlich schikaniert wenn sie sich in der Öffentlichkeit zeigen und zu erkennen geben. Zum Glück ist es bei uns noch nicht so weit und wir dürfen zumindest noch vor die Tür gehen, auch wenn dabei Vorsicht geboten ist. Obwohl deutlich mehr Polizei unterwegs ist, von Sicherheitsdiensten in Supermärkten ganz zu schweigen dürfen wir uns zumindest noch weites gehend frei bewegen.

Im österlichen Jerusalem sah die Lage vermutlich ganz anders aus. Auch wenn die Römer nicht aktiv Jagd auf die Jünger Jesu gemacht haben werden, so wird der Hohe Rat doch versucht haben sie komplett aus dem öffentlichen Leben raus zu halten. Sie wollten den Jüngern bestimmt keine Gelegenheit geben, Jesus als Märtyrer ihrer Sache hin zu stellen, oder ihnen gar die Möglichkeit geben diese hirnverbrannte Sache von der Auferstehung zu verbreiten.

Aber genau das haben diese Beiden Situationen miteinander gemeinsam, unsere und Jerusalem vor 1990 Jahren: Die Hoffnung auf den Auferstandenen.
Thomas hat von anderen Jüngern schon gehört, dass sie Jesus gesehen haben. Aber so ganz glauben kann er es nicht. Zu sehr hört sich ihre Beschreibung an wie eine Geistererscheinung. Zu sehr nach etwas, was sie zu sehr gesehen haben wollen, um Hoffnung und Realität auseinander zu halten.
Ich glaube, dass auch Thomas viel darüber nachgedacht hat:
Was bedeutet es, wenn sein Herr Jesus tatsächlich der Christus ist? Und wenn das stimmt, was Maria ihm heute Morgen vom leeren Grab erzählt hat? Hätte er dann nicht allen Grund sich zu freuen? Sollte er nicht fröhlich in die Zukunft schauen, sich mit den Anderen treffen um mehr zu erfahren? Heute Abend wollten sie sich doch in Erinnerung an das letzte gemeinsame Mahl mit Jesus bei Jakobus zu Hause treffen. Sollte er da nicht hingehen um auf den neusten Stand zu kommen?

Wir und sie damals haben die Unsicherheit gemeinsam. Was wird passieren? Wird sich das System verändern? Sehen die Leute, die Politiker die Relevanz für Veränderung? Und uns alle vereint die Hoffnung, dass es besser wird, dass sich etwas positiv verändert. Die Hoffnung, dass Jesus für uns auferstanden ist und es trotz großer Veränderungen und momentaner Einschränkungen besser werden wird mit ihm.

Und so treffen wir uns auch heute wieder. 1990 Jahre später. Immer noch ängstlich raus zu gehen oder viel mehr wieder ;). Und wir feiern immer noch diese Mahlzeit, dieses Abendmahl, das Gemeinschaft stiftet und uns Christen verbindet. Oder das zumindest tun sollte. Und wir tun das in der Gewissheit, dass uns der Heilige Geist in der Gemeinschaft verbindet, über alle menschlichen Grenzen und auch über Zoom heraus.

Amen.

Das Volk, das im Finstern wandelt... (Jesaja 9,1)

von Katja Demma'Indo, aus einer Silvester-Freizeit-Andacht am 28.12.2020

Finsternis hat sich um das Volk gelegt. Ein zäher Neben umhüllt ihr Leben. Nein, nicht Corona, sondern schlechte Manieren, Gemeinheiten, Gedankenlosigkeit, Gleichgültigkeit, Eigenmächtigkeit, Betrug, Geiz und Gier waren die Viren, die das Volk Gottes infiziert hatte. Zivilcourage, Nachbarschaftshilfe, Großzügigkeit - nichts war mehr übrig von dem einstmals so gottesfürchtigem Volk. Ja, sie feierten noch Gottesdienste, und das nicht zu knapp. Hätte es damals schon Zoom gegeben, vielleicht wären sie täglich auf diese Weise zusammen gekommen, aber nur die, die es sich auch leisten konnten, die das technische Knowhow besitzen, gutes Internet und entsprechende Programme. Da ging es eher um sehen und gesehen werden. Gott wurde immer noch hoch gepriesen, bis in den Himmel, wo sie ihn dann auch ließen. Im Leben auf dem Erdboden der Tatsachen hatte er nichts mehr zu sagen. Da regierten die selbst ernannten Götter: Ich! Meins! Mir! Ich habe Recht. Ich schaffe das allein. Ich habe es im Griff.

Da dämmerte es Gott. Aus dem Nebel wurde tiefste Finsternis, Einsamkeit, Sinnlosigkeit, 08/15, alltägliches Einerlei. Gott zog sich zurück und das Gericht kam. Die selbst gewählte Gottesferne wurde wahr. Chaos im Kopf brach aus. Wen hatten sie da noch? An wen konnten sie sich wenden in ihrer Not? Sie konnten es nicht sehen, so finster war es. Gefangene in den eigenen vier Wänden. Sie waren einsam, jeder für sich. Wie gut können wir das gerade nachvollziehen. Dunkle Zeiten!

Was hilft? Wer hilft?

Ein Wort erreicht uns: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

Ein mächtiges, ein helles, ein veränderndes Wort erreicht uns. Urplötzlich ist es da. Es strahlt, es bricht sich Bahn in der Finsternis. Es hat Hand und Fuß, einen Kopf und einen Bauch und eine Windel am Po und ein großes Herz. Ein Kind, das mit seinem Licht alles in den Schatten stellt. Ein Mensch, der die Lampe des Lebens anknipst. Es scheint hell aus der Krippe heraus.

Maria und Josef haben es erlebt. Wie schwer ist alles für sie gewesen damals. Es war dunkel um sie her, bei der Nachricht über die Schwangerschaft, auf dem Weg nach Bethlehem, auf der Suche nach einer Bleibe, bei der Geburt in einem Stall. Aber es blieb nicht so, weil das Licht sich in ihrem Leben breit gemacht hat, genauer gesagt, in Maria breit gemacht hat. Dieses Licht hat die beiden enger zueinander gebraucht und Misstrauen im Keim erstickt. Vertrauen konnte sich breit machen, so wie das Licht. Sie konnten ihren Weg gemeinsam gehen.

Die Hirten lebten im Dunkeln, die Nacht war ihr Geselle, und viele Schafe auch, Gefahren, Entbehrungen, Verzicht. Der Becher war nur halb voll, das Leben nicht ausgefüllt. Wie auch. Sie gehörten nicht wirklich dazu. Sie waren nicht reich, nicht schlau, nicht begabt, noch nicht einmal besonders fromm. Es war dunkel bis sie zur Krippe eilten. Da veränderte sich etwas für sie. Die Umstände, die Ansichten über ihr Leben, das Urteil über sich selbst. Im Licht, das ihnen unverhofft entgegenstrahlte, konnten sie sich selbst anders, wohlwollender, barmherziger betrachten. Ärger, Frust, Resignation schwanden und Zufriedenheit hatte Platz in ihrem Herzen.

Freude füllt den halbleeren Becher, die Freude steigt in Kopf, Herz und Beine. Sie sind unbeschreiblich froh. Froh, weil es Gott für sie gibt. Froh, weil er bedingungslos für sie da ist und sie bedingungslos annimmt und sie einfach die sein können, die sie sind, ohne Scham und ohne Scheu.

Das Licht trägt einen Namen, es nimmt Gestalt an, geht einen besonderen Weg. Er kennt die Finsternis und macht sie hell, konsequent, bedingungslos, für alle. Es geht uns auf, es strahlt, macht hell, deckt Dunkles auf, beschönigt nicht, verurteilt nicht.

Ich wünsche uns, dass wir es so erleben, wie Maria und Josef, wie die Hirten und viele Menschen durch die Jahrhunderte hindurch, durch viele Dunkelheiten, Sorgen, Ängste und Einsamkeit hindurch, dass das Licht mitten in der Finsternis ist und wir es auch sehen.

Denn uns hat ein Wort erreicht: Das Volk, das im Finstern wandelt, sieht ein großes Licht, und über denen, die da wohnen im finstern Lande, scheint es hell.

Engel..

von Johannes Büker, aus der Donnerstags-Andacht

 
Woran denkt ihr bei dem Wort Engel? Was oder vielleicht auch wer ist das für euch?

Ihr könnt gerne etwas dazu sagen..

Ich für mich habe garkein so präzises Bild von Engeln. Ich bin meist einfach geflasht von der biblischen Vielfalt und was es da alles an „himmlischen Geflügel“ so gibt.

Da sind die Mächtigen Cherubim, die am Garten Eden mit ihren Flammenschwertern wache stehen, damit niemand hineinkommt. Da sind die Vielflügeligen Schlangen, die Serafim, die im Himmel um Gottes Thron schweben. Da sind die Elohim, die Völkerengel, die in Gottes Rat sitzen und ihre Völker oder Gemeinden vor ihm vertreten und natürlich ist da der erste Engel, Satan, der Sohn der Morgenröte, der Gefallene und Ankläger der Menschen. Da sind Michael, Gabriel und die anderen Erzengel und natürlich Alan Rickman, als der Metatron, das Sprachrohr und die Stimme Gottes (Für diejenigen, die Dogma kennen).

Aber da sind auch die anderen. Die Männer ohne Flügel, die bescheidenen Wanderer, die Abram bei Mamre zu sich einlädt und die ihm wunderbare Nachricht bringen: Nämlich, dass seine Frau schwanger und er auch noch Vater wird.

Da ist die überraschte und vermutlich überforderte Maria mit dem nicht weniger überforderten und verwirrten Josef, denen von einem netten Boten gesagt wird: Es hat alles so seine Richtigkeit, macht euch keine Sorgen, dass soll alles so passieren.

Und da sind die Frauen am Grab Jesu, die ersten denen die frohe Botschaft von dessen Auferstehung gesagt wird – von einem weiß angezogenen jungen Mann.

Ihr seht, es müssen garnicht immer Männer mit Flügeln sein..

Lied 1. Strophe

(Es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.
Sie gehen leise, sie müssen nicht schrei'n,
oft sind sie alt und hässlich und klein,
die Engel.)

2. Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand,
die Engel.
Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand
oder er wohnt neben dir, Wand an Wand,
der Engel.

3. Dem Hungernden hat er das Brot gebracht,
der Engel.
Dem Kranken hat er das Bett gemacht,
er hört, wenn du ihn rufst in der Nacht,
der Engel.

4. Er steht im Weg und sagt: Nein,
der Engel,
groß wie ein Pfahl und hart wie ein Stein -
es müssen nicht Männer mit Flügeln sein,
die Engel.

 

Ich habe die Andacht mit einer Frage begonnen und ich möchte mit zwei Fragen aufhören:
Wer war das letzte mal für dich (wie) ein Engel?
Und genauso interessant: Wem warst du zuletzt ein Engel?
PS: Angelos heißt eigentlich nur (Post)Bote.

Eine nichtjüdische Frau vertraut Jesus (Mk 7,24-30)

von Katja Demma'Indo, aus dem MeetMeMonday-Teamtreff

 

Die Heilung der Tochter der syrophönizischen Frau (MK, 7, 24-30)

Was denkt ihr über Brotkrümel?

-          Fallen mir immer vom Tisch. Leider frisst die Katze sie nicht, so dass ich es aufsaugen muss.

-          Ich frühstücke nicht gerne im Bett, weil ich es nicht mag, auf den Brotkrümeln zu liegen.

-          Mit Brotkrümeln kann man auch Semmelknödel machen, aber lieber nicht mit denen vom Boden.

-          Von Brotkrümeln wird man nicht satt, es sei denn, man isst eine ganze Menge davon.

Ich habe mir vorgenommen, mehr über Jesus zu lesen, weil ich finde, dass ich viel zu wenig über ihn weiß. Angefangen habe ich mit dem Markus-Evangelium, weil es das kürzeste ist.

Außerdem ist dieses Evangelium gerade Inhalt der Bibellesehilfe, die ich nutze. Und für heute geht es um eine brotkrümelessende Frau mit einer psychisch kranken Tochter. Und zwar war es so, dass Jesus in eine Gegend von Israel ging, in der viele Griechen lebten, also Leute, die nicht zu den Juden gehörten und darum einfach nicht zu der auserwählten Riege des Gottesvolkes.  Dort wollte Jesus seine Ruhe haben und sich zurückziehen. Das klappte leider nicht wie geplant, denn eine Frau bekam mit, dass Jesus in der Gegend war und sie kam zu ihm und fiel ihm vor die Füße. Allein das ist schon ein Unding: Eine ausländische Person kommt Jesus so nahe und dazu noch eine Frau. Das können wir in unserem Kulturkreis nicht mehr so gut nachvollziehen, aber auch ich kenne das ungenehme Gefühl, wenn sich mir eine fremde Person unangemessen nähert. Allerdings bin ich ja auch nicht Jesus, darum erstaunt dessen Reaktion auf die Bitte der Frau schon ziemlich. Denn sie möchte, dass Jesus ihr hilft und ihre Tochter von einem bösen Geist befreit. Heutzutage würden wir wohl von einer psychischen Erkrankung sprechen, möglicherweise eine Epilepsie, aber vielleicht war sie auch einfach nur mitten in der Pubertät. Wie auch immer, das Mädchen und ihre Mutter brauchten Hilfe und wer wäre da nicht besser geeignet als Jesus höchstpersönlich? Wir können uns vielleicht vorstellen, dass die beiden es nicht einfach gehabt haben. Die Nachbarn werden über sie gesprochen haben: Was ist bei denen los? Was stimmt da nicht? Wer ist denn schuld an dem merkwürdigen Zustand der Tochter? Und überhaupt? Wo ist denn der Vater in der Geschichte? Sehr merkwürdig. Das sind ja keine Gedanken, die sich nur vor 2.000 Jahren stellten, das ist hochaktuell, gerade in Coronazeiten.

Jesus stellt all diese Fragen nicht. Er fragt nicht nach der Schuld. Er fragt nicht, was das Mädchen denn nun eigentlich hat. Er fragt nicht nach der Familiengeschichte. Er fragt nicht nach dem Vater oder anderen Familienangehörigen.

Stattdessen gibt er der Frau zu verstehen, dass er mit dem Ganzen nichts zu tun hat und es nicht sein Job ist, der Frau und ihrer Tochter zu helfen. Kaum zu glauben, aber wahr, denn er sagt: »Lass zuerst die Kinder satt werden. Es ist nicht richtig, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.«

Da denkt man doch, man hätte sich verhört. Sowas von Jesus? Das kann doch einfach nicht sein. So kenne ich ihn nicht. So will ich ihn auch nicht. Irgendwas stimmt doch da nicht. Empörung macht sich in mir breit. Die Frau, die eh schon am untersten Ende der Nahrungskette steht, wird nun so abgespeist. Nur lässt sie sich nicht abspeisen, zumindest nicht so. Eine ganz erstaunliche, mutige, toughe Frau. Denn sie antwortet: »Herr! Aber unter dem Tisch fressen auch die Hunde von den Krümeln der Kinder.«

Die Frau kennt ihren Platz. Sie weiß, dass sie nicht dazu gehört. Ihr ist bewusst, dass Jesus Jude ist und er in seiner Tradition lebt, dass er sich an die Gesetze hält. Sie weiß um die kulturelle, religiöse und gesellschaftliche Distanz zwischen sich selber und ihm. Ein Kontakt ist einfach nicht angemessen. Und sie wagt es trotzdem. Und das finde ich ungeheuer beeindruckend.

Und das stellt meine Haltung auf jeden Fall in Frage, so dass ich mich frage:

Was wage ich eigentlich? Wie hartnäckig bin ich in meinem Bitten gegenüber Jesus? Was erwarte ich von ihm?

Die Frau will zumindest die Brotkrümel haben. Mit Nichts lässt sie sich nicht abspeisen. Sie erwartet nicht den Hauptgewinn, aber sie erwartet, dass ihr Jesus in ihrer aktuellen schweren Situation hilft, wie auch immer er das anstellt. Das fordert sie ein, da ist sie hartnäckig. Das beeindruckt mich. Sie ist clever, initiativ und sehr unerschrocken.

Und auch Jesus ist beeindruckt und sagt (vielleicht mit einem anerkennenden Schmunzeln): »Wegen dieser Antwort sage ich dir: Geh nach Hause! Der Dämon hat deine Tochter verlassen.«

Ob es das ist, was Jesus mit seiner schroffen Antwort bezweckt hat? Dass er die Frau dazu herausfordert, zu ihren Bitten zu stehen, klar und selbstbewusst zu sein? Über Grenzen zu gehen und Jesus das Unmögliche zuzutrauen?

Sie hat gemerkt, dass sie es wert ist, dass ihr geholfen wird, egal, welchen Status sie hat. Sie hat erlebt, dass Jesus sich kümmert, auch, wenn sie nicht wirklich dazu gehört. Sie hat erfahren, dass Jesus sich bitten lässt, ohne nach Schuld, familiärem Hintergrund und Etikette zu fragen. Sie merkte: Ich habe es verdient, dass Jesus mir hilft!

Was für eine grandiose Geschichte von damals für heute. Amen

Die Himmelfahrt Jesu Christi (Lukas 24,50-53)

von Johannes Büker

50 Er führte sie aber hinaus bis in die Nähe von Bethanien und hob seine Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, indem er sie segnete, schied er von ihnen und wurde aufgehoben in den Himmel. 52 Und sie warfen sich anbetend vor ihm nieder und kehrten nach Jerusalem zurück mit großer Freude; 53 und sie waren allezeit im Tempel und priesen und lobten Gott. Amen.

Wenn ich irgendwo den Namen Jesus höre, und das kommt bei meinem Studium recht häufig vor, denke ich in der Regel an einen begabten, charismatischen Wanderprediger, der durch Nord Palästina wandert. Ich stelle ihn mir dabei sehr menschlich vor, wie er Abends mit seinen Jüngern am Feuer oder bei Freunden zu Hause sitzt, wie er den Leuten politischen Sprengstoff vom Kommen des Reiches Gottes erzählt und wie er ab und an wie durch ein Wunder Leute heilt. Meistens fällt es mir aber ziemlich schwer, ihn dann auf die gleiche Stufe wie Gott zu stellen, wobei er da ja eigentlich hin gehört. (Naja zumindest fast, etwas weiter rechts von Gott, auf dessen Ehrenplatz) Grade im Alltag tendiere ich dazu genau diese Seite an Jesus Christus zu vergessen. Und dann an solchen Tagen wie heute, an Festtagen, wo ich Zeit habe mich anders mit dem Thema zu beschäftigen, bekomme ich diese andere Seite wieder in den Blick: Die Himmlische, göttliche Seite dieses Menschen. Grade auch in der Frühzeit des Christentums gab es heftige Streitgespräche genau über diese Frage: Welche Stellung hat dieser Jesus? In ziemlich langen und mühsamen Prozessen haben die damaligen Kirchen / Bischöfe / Christen dann auf Grundlage der Bibel argumentiert und gestritten. Im Endeffekt ist dabei dann unser gebräuchlichstes Glaubensbekenntnis herausgekommen, aber auch das Bekenntnis von Nizäa und andere, die wir teilweise in unseren Gesangbüchern finden. Egal wie verpflichtend zu glauben, oder wie bindend diese jetzt von Kirchen oder Gemeinden angesehen werden, so finde ich ist das spannende, dass diese Bekenntnisse zentrale Neutestamentliche Aussagen über Jesus zusammenfassen und dann auch beides betonen: Ja er ist ein „einfacher“ Mensch und Wanderprediger gewesen, aber er ist auch Gottes Sohn, der zu seiner rechten Sitzt und wie auch immer Gott gleich ist.

An das letzte erinnern grade solche Texte, wie wir sie an Ostern lesen, von seiner Auferstehung, aber genauso auch Texte wie sie zum heutigen Tag gehören, in denen berichtet wird, wie er nach Ostern gesehen wurde, gesprochen hat und dann wieder zurück zu seinem Vater in den Himmel gekehrt ist.

In dem Zusammenhang finde ich eines der wunderbarsten Wortspiele im Christlichen Sprachgebrauch das Wort „Herr“. Sehr sehr oft lässt sich an der gleichen Stelle sowohl Gott (Vater, Mutter, Lebenskraft) wie auch Christus einfügen.

Gott senke seine Güte und Treue (Psalm 57,4)

von Katja Demma'Indo, aus der Donnerstagsandacht

Gott hat sich selbst nicht unbezeugt gelassen, hat viel Gutes getan und euch vom Himmel Regen und fruchtbare Zeiten gegeben, hat euch ernährt und eure Herzen mit Freude erfüllt. Apostelgeschichte 14, 17

Was tun wir, wenn wir uns missverstanden fühlen? Wie reagieren wir, wenn unsere Worte falsch verstanden werden? Wie fühlen wir uns, wenn unser Gegenüber nicht versteht, was wir eigentlich meinen? Weitere Überzeugungsarbeit ist eine Methode, um das Eigentliche doch noch rüberzubringen. Das ist die Strategie von Paulus bei Menschen, die ihn hören, aber seine Worte nicht verstehen. Zumindest nicht so, wie er sich das vorstellt. Er ringt darum, dass die Menschen das Wort Gottes richtig verstehen und nicht ihn und Barnabar zu heldenhaften Göttern stilisieren. Doch es gelingt nicht. Häufif überwiegt die Erfahrung, dass das, was ich tatsächlich meine, nicht so ankommt, wie ich es mir wünsche. Dann werde ich unleidig, verzweifelt, ärgerlich, ratlos, resignier. Ich fühle mich ohnmächtig, unverstanden, frustriert und ziehe mich wohlmöglich zurück, so wie David Zuflucht suchte in einer Höhle. Dort, in der Stille, in der Einsamkeit, in der Gegenwart Gottes, kann die Einsicht entstehen: Nicht auf meine Worte kommt es an, sondern auf die Güte Gottes. Nicht ich allein kämpfe um das Richtige, sondern Gottes Treue wird sich auf Dauer durchsetzen.

Gott, hilf uns glauben, dass du treu bist und dass unser vermeintliches Versagen ein Segen sein kann.

 

nach Hause kommen (Lukas 19)

von Cori Wiegand, aus der Donnerstagsandacht

Wir haben Corona und waren teilweise lange Zuhause… Wir im Kreis Gütersloh immer noch, ohne negativen Test… (Stand 2.7.2020)

Was ist eigentlich mein Zuhause? Wir sind jetzt hier in Bokel zuhause. Mein „altes“ Zuhause bei meinen Eltern, wird auch immer mein Zuhause sein. Zuhause, kann ich sein, wie ich bin. Ich muß mich nicht verstellen. Zuhause kann ich Quatsch machen, albern sein. Aber auch niedergeschlagen und traurig. Ich kann hinter mir die Tür zu machen und die Welt da draußen aussperren- natürlich nicht für immer, das wird gefährlich, aber manchmal tut das ganz gut.  Unsere Kinder können/sollen und dürfen sich Zuhause geborgen fühlen. Da darf auch mal laut gesungen, gespielt, gelacht aber auch gemeckert werden (wobei im Moment, nachdem sie gut 3 Monate zuhause sind…). Zuhause ist das Haus, das mich auch vor dem Unwetter draußen beschützt, im Winter kann ich heizen und habe es muckelig warm. Im Sommer ist es im Haus auch kühler, als draußen (außer ich habe eine Dachwohnung...)

Ich bin in meinem Leben schon öfter umgezogen, hier eine kleine Übersicht:

▪          1. 1976 (noch im Bauch) von Halle nach Heigenbrücken (Unterfranken/Spessart)

▪          2. 1978  nach Fürstenfeldbruck (Nähe München)

▪          3. 1986 zurück nach Halle (für mich war das kein  „Zurück“)

▪          4. 1999 erste eigene Wohnung in Halle

▪          5. 2000-2002  Ausbildung im MBK, Bad Salzuflen

▪          6. 2002-2004 Steinhagen

▪          7. 2004-2009 Falkenhagen (Lügde, tiefstes Lippe)

▪          8. 2009-2012 Werther

▪          9. 2013 bis jetzt Halle-Bokel

An all diesen Orten, war ich Zuhause. Ich kann mich an alle Häuser/Wohnungen (bis auf das erste) erinnern, aber sind es wirklich die Gebäude, die mein Zuhause ausmachen?

Wir waren letztes Jahr in Bayern im Urlaub und ich wollte unbedingt einen Tag nach FFB (Fürstenfeldbruck) fahren, mein „altes“ Zuhause wieder sehen und es auch meiner jetzt eigenen Familie zeigen. In meiner Erinnerung war es dort wunderschön, es waren ja auch die Erinnerungen, an mein erstes bewusst erlebtes Zuhause, das prägt total und wurde in meiner Erinnerung natürlich idealisiert. Ich war total aufgeregt, als wir in die Straße, in der wir gewohnt haben, einbogen. So sind wir, die kleine Straße der Reihenhaussiedlung langgegangen und direkt neben dem Haus, in dem ich gewohnt hatte, traf ich unsere alten Nachbarn, die Eltern meiner damals besten Freundinnen, das war sehr emotional und wunderschön. Aber irgendwie hat mich der Besuch doch ernüchtert, alles war natürlich nach über 30 Jahren gealtert (inkl. Mir!), der Spielplatz, der zur Reihenhaussiedlung gehörte, seit Jahren überwuchert. Die Wiese hinter den Gärten ist seit ein paar Jahren Lagerplatz für Strassenbaufirmen. Überall Container, Kies, Schutt usw. Das alte Haus (in das ich kurz hineindurfte) gehört jetzt anderen, deren Möbel stehen darin. Auch die Umgebung hat sich verändert, Spielplätze, auf denen ich gespielt habe, weg, da stehen jetzt Mehrfamilienhäuser und Parkplätze.

Silvester 1994/95 (oder so) lernte ich den MBK -Berghof kennen und lieben. Ich wurde bald selbst Teammitglied und der Berghof ein Zuhause für mich. Ich habe ja auch meine Ausbildung zur Gemeindepädagogin im MBK gemacht. Der Berghof war weg, auch ich hatte kaum noch Kontakt zum MBK, bis die „MBK-Freizeiten für alle“ kamen. Ich spürte bei den Begegnungen, Bibelarbeiten, Andachten - mein Zuhause, den Berghof, gibt es noch- es ist nicht nur der Ort, es sind die Menschen und geliebte Rituale, die ihn ausmachen.

Und das ist doch auch Zuhause. Mein Zuhause, ist nicht nur das Haus, in dem ich lebe, mein Zuhause, ist meine Familie. Bei meinen ganzen Umzügen, ist meine Familie immer dabei gewesen, erst meine Herkunftsfamilie, jetzt meine eigene. Da, wo ich immer zuhause war, bin und sein werde, ist bei Gott, denn der hat mich immer begleitet und hört damit nicht auf.

Wie in der Geschichte vom verlorenen Sohn, die ihr ja alle kennt. Der Sohn wollte etwas erleben, Zuhause war voller Arbeit und vielleicht zu normal. Er wollte in die Welt hinaus, so lässt er sich sein Erbe ausbezahlen. Er geht ins Ausland, gibt das Geld mit vollen Händen aus, Und schnell ist die Kasse leer und die (falschen) Freunde weg. Eine Hungersnot bricht aus, was die besch... Situation noch erschwert. Er findet einen Job bei einem Schweinehirten, muß bei den Schweinen schlafen und darf noch nicht mal das Futter der Schweine anrühren, ganz schön tief gesunken. Man muß auch bedenken, er war Jude und Schweine für die Juden unreine Tiere. Also er war echt tief gesunken... Trotzdem bettelt er, dort bleiben zu dürfen...! Je weiter er sich von seinem Vater entfernt hatte, umso schlechter ging es ihm... vielleicht wird ihm das jetzt bewusst. Er besinnt sich und will nur noch nach Hause, wenn nicht als Sohn, denn das Recht hat er nicht mehr, dann will er auf der untersten Stufe, wenigstens zuhause sein und für seinen Vater arbeiten.  Doch als er nach dem beschwerlichen Weg, halb verhungert und nach Schweinen und sonst noch was stinkend nach Hause kommt, steht da sein Vater, mit offenen Armen, läuft ihm, ihm der soviel Mist gebaut hat, entgegen und umarmt ihn! Er hat ihn vermisst, täglich gewartet, dass er wiederkommt. In der Bibel steht nicht, wie der Sohn reagiert, ich stelle mir vor, dass er erschöpft und komplett überwältigt von der Situation ist! Der Vater lässt ihn besonders festlich einkleiden, steckt ihm einen Ring an (das war damals wichtig, um Verträge abschliessen zu können, er ist damit wieder geschäftsfähig) und lässt sogar das Mastkalb schlachten, in einer Zeit, in der man nicht jeden Tag Fleisch essen konnte, eine besondere Ehre! Das Fest ist in vollem Gange, als der ältere Bruder vom Feld kommt und überhaupt nicht verstehen kann, warum der Vater den Bruder, der sich so dermassen daneben benommen hat, nicht nur wieder aufnimmt, sondern auch gleich noch ne Riesenparty für ihn schmeißt. Sein Vater antwortet ihm nur „Dein Bruder war tot, er war verloren- jetzt ist er wieder da, er ist gefunden, er lebt!“ Was muß er ihn vermisst haben! Natürlich ist Gott für mich der Vater, bei dem ich Zuhause sein kann, der jeden so aufnimmt, wie er ist und vergibt, wie es eben nur eine Mutter oder ein Vater kann. Und wie hat der Vater in der Geschichte vergeben? Da gibt es keine Vorwürfe, keine Wut, da ist einfach nur Vergebung und Liebe, ganz viel Liebe!

Nach Hause kommen, heißt auch bei Gott ankommen! Zuhause kann ich so sein, wie ich bin und muss mich nicht verstellen, vor Gott muss ich mich auch nicht verstellen. Er kennt mich sowieso in und auswendig!

Ich war als Jugendliche in der Gemeinde aktiv, später auf dem Berghof, im MBK. Ich habe in Gemeinden gearbeitet, dann kamen die Kinder, wir zogen um und Gott rutschte irgendwie in den Hintergrund, er war nie ganz weg, für mich aber weiter weg. Dann kam der Pastor unserer Gemeinde und fragte, ob ich wieder im anderen Gottesdienst mitmachen möchte (10 Jahre war ich da nicht mehr dabei gewesen). Später fuhren wir auf die erste MBK-für-alle-Freizeit und da war es wieder mein Zuhause! Mein Zuhause bei Gott und mein Zuhause bei euch in dieser großartigen MBK-Gemeinschaft.

Dafür bin ich unglaublich dankbar.

Das folgende Lied ist eins meiner Lieblingslieder der Connection. Die meisten von euch kennen ja noch Micha Keding. Micha hat es geschrieben, als er selbst mit seiner Familie umgezogen ist, in ein eigenes Haus. Er vergleicht es mit dem Haus, das Gott für uns hat, in dem wir feiern und auch traurig sein dürfen. So wie es seine Kinder in seinem Haus dürfen. Besonders liebe ich die letzte Strophe, in der es heißt: „To my father's house, I will ride, when I die.“ Wenn ich sterbe fahre ich zum Haus meines Vaters, komme ich zurück nach Hause, zu Gott. Dann darf ich für immer dortbleiben. Sehr tröstlich.

Hier ist das Lied: https://youtu.be/hY7HktVlcfc

Bleiben! (Johannes 15,7)

von Katja Demma'Indo, aus der Jugendteam-Infomail

Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben,werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Johannes 15,7

Bleiben! Was löst dieses Wort in dir aus? Sicherheit? Beständigkeit? Ruhe? Oder: Eintönigkeit? Langeweile? Stillstand? Wie ist das Leben mit Jesus für dich? Sicher, beständig, ruhig? Oder: Eintönig, langweilig, stillstehend? Wie schnell kann Sicherheit, Beständigkeit udn Ruhe zu Eintönigkeit, Langweile und Stillstand führen? Wer schon länger mit Jesus unterwegs ist, weiß davon möglicherweise ein Lied zu singen. Da ist der Zauber des Anfangs der Routine des Alltags gewichen. Biblische Geschichten sind altbekannt und berühren nicht mehr das Herz. Das Wunder des Glaubens ist zur Normalität geworden. Die Gemeinschaft mit Gott gehört selbstverständlich dazu. Was verhilft zum Zauber des Anfangs? Bleiben und bitten! Und dann gespannt abwarten, was passiert. Welche Wunder des Glaubens geschehen. Welche Aufregungen in der Gottesgemeinschaft uns wachhalten. Welche neuen Wege Jesus zeigt, die uns aus unserer Komfortzone locken. Denn in ihm bleiben macht mutig, Neues zu wagen, weil wir in aller Veränderung bei ihm sicher und geborgen sind. In ihm bleiben heißt, sich zu bewegen, sich nicht zufrieden zu geben, mit dem, was schon da ist. In ihm bleiben bedeutet, wach zu sein für die Überraschungen, die uns im Glauben widerfahren. Ich bin gespannt, was passieren wir im MBK, in deinem Leben und in meinem!

Ich habe keine Zeit!

von Mareike Hauer, aus der Jugendteam-Infomail


Das ist ein Satz, der mich in meinem Leben ziemlich häufig begleitet. Ständig hetze ich von einem Termin zum Nächsten, muss meine Tage, Wochen und Monate fast minütlich genau planen und dennoch passiert es mir regelmäßig, dass ich Termine verschwitze oder sie doppelt liegen. Wenn ich meinen digitalen, datenfressenden und mich gläsern machenden Handykalender nicht hätte (ja ich weiß, Google ist nicht nur dein Freund), dann wäre ich heillos aufgeschmissen. Der erinnert mich früh genug an meine Termine und ich kann ihn nicht so einfach zuhause vergessen. Andererseits hält er mir auch jederzeit vor, was eigentlich noch alles so zu erledigen ist.  
 
Ich habe keine Zeit! In meinem Prüfungsstress hätte ich auch diesen Impuls vergessen, wäre ich nicht daran erinnert worden (und diesmal nicht von Google). Und so dachte ich, mache ich ein bisschen Selbsttherapie und mache mein Problem zum Thema: Hallo ich bin Mareike und ich habe nie Zeit! Beim so darüber nachdenken, warum ich denn keine Zeit habe bzw. warum der Tag denn nur 24 Stunden hat, ist mir aufgefallen, dass ich die ganze Zeit sehr passiv von meiner Zeit spreche. Ein bisschen so als könnte ich gar nicht über sie selber verfügen. Ich glaube auch, dass wir niemals über unsere gesamte Zeit verfügen können. Wann was geschieht, wie viel Lebenszeit uns bleibt und so weiter, aber ich glaube wir können die Zeit unseres Alltags bestimmen. Ich kann mir aussuchen, ob ich mich mit Freunden auf einen Kaffee treffe oder ein Buch lese oder für Schule und Uni lerne… natürlich wäre das Lernen wahrscheinlich am besten, aber wenn ich bereit bin die Konsequenzen zu tragen dann kann ich auch alles andere machen. Es geht also auch um Prioritäten. Wie setze ich meine Prioritäten? Sind die Dinge die mir wirklich wichtig sind ganz oben in meiner Liste? Oder stehen da eher Dinge ich zwar tue und auch mag, die mir aber eigentlich nichts bedeuten? Womit verbringe ich die meiste Zeit?
 
Ich habe keine Zeit! Ich nehme mir Zeit! Ich glaube es ist wichtig, dass wir uns immer wieder diese Fragen stellen: Macht uns unser Alltag glücklich? Sind wir zufrieden? Geht es uns gut? Und na klar ist nicht immer alles Friede, Freude, Mettbrötchen, aber ich finde es einen sehr lohnenswerten Anspruch, einen Großteil seines Alltags ganz zufrieden damit zu sein. Beim Durchschauen meines Kalenders war ich ziemlich zufrieden, es war nur alles einfach sehr voll. Also habe ich mir einen Vorsatz gemacht. Vielleicht schaffe ich es nicht von jetzt auf gleich, dass meine Termine weniger werden, das kann sein. Aber ich speichere mir in mein Handy nun zusätzlich bewusst Pausen ein. Einen Mittagsschlaf, eine Tasse Kaffee im Café trinken, ein Kapitel vom Buch lesen, Zeit mit Gott verbringen, einfach mal nichts tun.  Denn Pausen sind wichtig. Schließlich hat auch Gott am siebten Tag einfach mal Pause gemacht, sich seine Schöpfung angeguckt und war zufrieden.

"Jesus Christus spricht: Wachet!" (Markus 13,37)

von Kristin Büker, aus der Jugendteam-Infomail

So lautet der Monatsspruch für diesen März. Sehr kurz und prägnant, aber mal ehrlich, ohne Kontext ist es nicht gerade aufschlussreich. Also habe ich mal nachgesehen, der Satz steht am Schluss einer Passage über alle möglichen Endzeitschrecken. Jesus meint, wir sollen wachsam sein, "damit er euch nicht schlafend finde, wenn er plötzlich kommt." (Mk 13,36). Ein Weckruf also.
Jetzt muss ich gestehen, dass ich mit Endzeitstimmung und Apokalypse-Panik wenig anfangen kann. Aber "wachsam sein" und "nicht schlafen", das hat gerade einen sehr aktuellen Bezug für mich. Mich hat dieses "Wachet" sofort sehr getroffen, wenn auch in einem völlig anderen Kontext. Wir erleben einen "Weckruf" nach dem anderen und trotzdem habe ich das Gefühl, dass unsere Gesellschaft noch immer schläft:
11 Menschen sterben in Hanau, weil sich Hass und Rassismus immer weiter ausbreiten. Ich weiß nicht, wie oft ich durch das kleine Städtchen Volkmarsen gefahren bin, in dem an Fastnacht ein Mann mit seinem Auto über 50 Menschen verletzt hat. Parteien verfransen sich in Machtspielen, statt nach soliden Mehrheiten und konstruktiven Lösungen zu suchen, zuletzt in Thüringen. Es folgt das immer das gleiche Trauerspiel: Ein kurzer Moment der medialen Empörung und dann schläft alles wieder ein. Ganz zu schweigen von den vielen humanitären Katastrophen, die man uns gar nicht mehr zeigt. Wen interessiert schon das Massensterben im Jemenkrieg, sind ja keine "Weißen" betroffen, da filmen wir lieber australische Farmer, die gegen Waldbrände kämpfen. Das ist auch schlimm, gewiss, aber habt ihr in den Medien auch nur einen einzigen Aborigine gesehen?
Mich frustriert das. Und gleichzeitig merke ich, wie schwer es ist, selbst nicht genauso verschlafen zu sein, nicht abzustumpfen. So symbolisch wertvoll Mahnwachen und Co. sein mögen, so scheinen sie die Realität nicht zu verändern. Ich fühle mich im wahrsten Sinne des Wortes machtlos, hilflos. Und all das will so gar nicht zu dem gleichzeitig gerne propagierten "chistlichen Abendland" passen, schießen mir da doch spontan Sätze in den Kopf wie "Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan." (Mt. 25, 40).
Gerne würde ich mit einer Lösung schließen, die habe ich nur leider nicht. Aber aufwachen wäre sicher schonmal ein guter Anfang. Und aufpassen, wo in meinem persönlichen Umfeld Dinge geschehen, gegen die ich aufstehen muss. Nicht weghören, wenn die Jungs in der Straßenbahn sich über die asiatisch aussehenden Mitbürger lustig machen oder der facebook-Kontakt AfD-Inhalte teilt. Ich möchte wachsamer sein, damit ich mich nicht irgendwann fragen lassen muss - sei es von Mitmenschen, meinem Gewissen oder wie in der Losung von Jesus - warum ich geschlafen habe.

Audio

Ich will euch trösten von Julia Standop-Kunzelmann

Grauer Asphalt von Mareike Hauer

Vom rechten Gottesdienst (Römer 12,1) von Johannes Büker

Rücksicht (Genesis 13,8f) von Katja Demma'Indo

Angst von Katja Demma'Indo